Die vier Formen einer medizinischen Dissertation

1. Experimentelle Dissertation
Von einer experimentellen Dissertation spricht man, wenn Experimente im Labor durchgeführt wurden, die nun in der Arbeit ausgewertet und diskutiert werden sollten. Bei der Erstellung einer experimentellen Dissertation steht die Durchführung eigener Experimente, um Hypothesen zu testen und neue Erkenntnisse zu gewinnen, im Vordergrund. Es ist in fast allen medizinischen Bereichen möglich eine solche Dissertation anzufertigen.
Ablauf einer experimentellen Dissertation:
1. Durchführung eines Experiments:
Dies kann im Labor, in einem Feldsetting oder auch mithilfe von Computermodellen geschehen.
2. Detaillierte Beschreibung der Methodik:
Erklärung, wie das Experiment durchgeführt worden ist, welche Variablen gemessen wurden und welche Methoden zur Datenerhebung und -analyse angewendet wurden.
3. Präsentation der Ergebnisse:
Die Daten, die durch das Experiment erhoben wurden, werden analysiert und ausgewertet.
4. Diskussion:
In der Diskussion werden die Ergebnisse interpretiert, in den Kontext bestehender Forschung eingeordnet und möglicherweise neue Fragestellungen aufgeworfen.
Experimentelle Dissertationen finden sich häufig in den Naturwissenschaften, Ingenieurwissenschaften und in der Psychologie, aber auch in anderen Disziplinen, in denen empirische Forschung betreiben wird.
2. Klinische Dissertation
Eine klinische Dissertation behandelt ein medizinisches, gesundheitliches oder psychologisches Thema aus der Praxis. Diese Form der Dissertation wird häufig im Rahmen eines Medizinstudiums oder eines anderen Gesundheitsberufs, wie der Psychologie oder Pharmazie angefertigt.
Im Gegensatz zu einer theoretischen Dissertation, bei der der Fokus vor allem auf Literaturrecherche liegt, beinhaltet eine klinische Dissertation oft die Untersuchung von klinischen Fragestellungen und die Anwendung von wissenschaftlichen Methoden auf reale, klinische Situationen.
Merkmale einer klinischen Dissertation sind:
1. Praktische Forschung:
Klinische Dissertationen beinhalten oft die Untersuchung von Patienten, deren Krankheitsverläufen, Behandlungsmethoden oder diagnostischen Verfahren. Das bedeutet, dass Daten aus realen klinischen Fällen gesammelt und analysiert werden.
2. Methoden:
Es können unterschiedliche Methoden angewendet werden, z. B. randomisierte kontrollierte Studien, Beobachtungsstudien, Kohortenstudien oder Fall-Kontroll-Studien. Die Wahl der geeigneten Methoden variiert und hängt davon ab, welche Fragen beantwortet werden sollen.
3. Fokus auf Gesundheit und Medizin:
Die Themen können sich auf viele verschiedene Bereiche der Medizin beziehen, wie z. B. die Wirksamkeit von Medikamenten, neue Therapien, Diagnosemethoden, patientenbezogene Ergebnisse, epidemiologische Studien oder auch die Untersuchung psychischer Erkrankungen und deren Behandlung.
4. Ethik und Patientenschutz:
Klinische Dissertationen müssen strenge ethische Richtlinien einhalten, insbesondere wenn Menschen in die Forschung einbezogen werden. Dazu gehört auch der Schutz der Privatsphäre und das Einverständnis der Patienten.
Ein Beispiel für eine klinische Dissertation könnte die Untersuchung der Wirksamkeit einer neuen Behandlungsmethode bei einer bestimmten Krankheit oder die Analyse von Risikofaktoren für eine häufige Erkrankung sein.
3. Theoretische Dissertation
Eine theoretische Dissertation befasst sich primär mit der Auseinandersetzung und Weiterentwicklung von bestehenden Theorien und Konzepten.
Im Gegensatz zu einer experimentellen oder einer klinischen Dissertation, die empirische Daten durch Experimente oder Fallstudien erheben, konzentriert sich eine theoretische Dissertation auf die Analyse, Interpretation und Modellierung von Ideen, Konzepten oder Theorien einer bestimmten Disziplin.
Merkmale einer theoretischen Dissertation sind:
1. Literaturarbeit und Konzeptanalyse:
Der Schwerpunkt liegt auf der eingehenden Untersuchung der vorhandenen Literatur zu einem bestimmten Thema. Dabei werden bestehende Theorien, Modelle und Paradigmen analysiert, verglichen und kritisch bewertet. Ziel ist es, eine tiefergehende theoretische Erkenntnis zu gewinnen oder eine bestehende Theorie weiterzuentwickeln.
2. Theorieentwicklung oder -modifikation:
Eine häufige Zielsetzung einer theoretischen Dissertation ist es, bestehende Theorien weiterzuentwickeln, zu verbessern oder sogar neue theoretische Ansätze zu formulieren. Dies kann auch durch die Anwendung von Konzepten aus verschiedenen Disziplinen erfolgen.
3. Abstraktion und Konzeptualisierung:
Die Arbeit ist häufig abstrakt und beschäftigt sich mit der Weiterentwicklung von Konzepten und Modellen, die die Forschung in der jeweiligen Disziplin vorantreiben können. Die Methodik besteht häufig in der Konzeptualisierung, Kategorisierung und Systematisierung von Theorien.
4. Kritische Reflexion und Synthese:
In einer theoretischen Dissertation werden verschiedene theoretische Ansätze miteinander verglichen und kritisch hinterfragt. Dabei kann die Synthese neuer Perspektiven eine wichtige Rolle spielen.
Beispielhafte Themen einer theoretischen Dissertation:
· Die Weiterentwicklung einer bestehenden psychologischen Theorie zur menschlichen Wahrnehmung.
· Eine philosophische Untersuchung von Ethikmodellen in der Bioethik.
· Die theoretische Auseinandersetzung mit neuen Ansätzen in der Wirtschaftstheorie.
Solche Dissertationen sind besonders häufig in den Geisteswissenschaften (wie Philosophie, Sozialwissenschaften, Literaturwissenschaften) oder auch in bestimmten Bereichen der Wirtschaft und der Rechtswissenschaften zu finden, in denen theoretische Modelle und Konzepte oft im Mittelpunkt der Forschung stehen
4. Statistische Dissertation
Statistische Dissertationen konzentrieren sich auf die Anwendung und Weiterentwicklung von statistischen Methoden und Techniken, um spezifische Forschungsfragen zu beantworten. Diese Art von Dissertation wird häufig in den Naturwissenschaften, der Sozialwissenschaften, der Medizin, der Wirtschaft und vielen anderen Disziplinen geschrieben, in denen Daten analysiert und interpretiert werden müssen.
Merkmale statistischer Dissertationen sind:
1. Fokus auf Datenanalyse
· Eine statistische Dissertation beschäftigt sich häufig mit der Analyse von Datensätzen, um Hypothesen zu testen, Muster zu erkennen oder Modelle zu entwickeln. Dabei kommen fortgeschrittene statistische Methoden wie Regressionsanalyse, multivariate Analyse, Zeitreihenanalyse, Machine Learning, oder Bayes’sche Statistik zum Einsatz.
2. Methodenentwicklung oder -anwendung
· Eine statistische Dissertation kann entweder bestehende statistische Methoden auf neue Daten oder Fragestellungen anwenden oder neue statistische Methoden und Modelle entwickeln.
· Dies könnte beispielsweise die Entwicklung eines neuen Algorithmus zur Analyse großer Datensätze oder die Verbesserung eines bestehenden Modells für eine spezifische Problemstellung umfassen.
3. Theoretische und praktische Elemente
· Statistische Dissertationen kombinieren sowohl theoretische als auch praktische Elemente: Sie beinhalten die mathematische Modellierung von Daten und erfordern eine sorgfältige und genaue Anwendung von statistischen Techniken, die in der Praxis von Wissenschaftlern, Ingenieuren oder Wirtschaftsexperten verwendet werden.
· Sie müssen sowohl die Theorie hinter den statistischen Modellen als auch die praktische Implementierung und Interpretation der Ergebnisse aus der Datenanalyse verstehen.
4. Interdisziplinarität
· Statistische Dissertationen sind häufig interdisziplinär, da statistische Methoden in vielen unterschiedlichen Bereichen angewendet werden, von der medizinischen Forschung über die Psychologie bis hin zur Wirtschaft oder Ingenieurwissenschaften. Die Datenanalyse wird dabei oft in den Kontext eines spezifischen Fachgebiets gestellt, um zu nützlichen, wissenschaftlich fundierten Ergebnissen zu kommen.
5. Prüfung von Hypothesen
· In einer statistischen Dissertation geht es oft darum, Hypothesen zu überprüfen, indem geeignete statistische Tests angewendet werden. Zum Beispiel könnte man untersuchen, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen den Ergebnissen zweier Gruppen gibt (z. B. Behandlungsgruppen in einer klinischen Studie) oder ob ein bestimmter Faktor einen Einfluss auf eine Variable hat.
Beispielthemen für eine statistische Dissertation:
· Entwicklung und Anwendung eines neuen statistischen Modells zur Vorhersage von Börsenkursen.
· Analyse der Wirksamkeit von Behandlungsansätzen in einer klinischen Studie mithilfe von Überlebensanalyse.
· Untersuchung von Risikofaktoren für eine Krankheit basierend auf einer großen epidemiologischen Datensammlung.
· Anwendung von Machine Learning-Algorithmen zur Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit von Systemausfällen in der Technik.